38
V. Geschichte.
daß die Perioden ungefähr gleichlang waren'. — Die gar nicht seltenen Moor-
leichen waren entweder Verunglückte, oder aber zur Strafe Versenkte, und dies sind
offenbar die meisten gewesen (Tacitus, Germania 12). Kleidung und Haare, von
der Moorsäure fuchsrot gefärbt, sind gut erhalten, die Knochen völlig erweicht. Die
Funde beweisen, daß die Kultur in Gewandung, ihrem Muster und Schnitt, recht
hoch und dieselbe war, welche die Germanen auf verschiedenen römischen Siegesdenk-
mälern tragen.
Eine gewisse Gliederung in Kulturabschnitte läßt sich an Hand der Be-
stattungsarten, der Gräberfunde, aufstellen:
a) Steingräber der jüngeren Steinzeit mit einer großen, meist aus unbehauenen
Steinblöcken hergestellten Grabkammer. Unverbrannte Leichen. Dolmen — über-
irdische Grabkammern oder Ganggräber; Cromlechs — kreisrunde oder auch recht-
winklige Steinsetzungen2. Die „Sieben Steinhäuser"3 bei Fallingbostel, die Lübben-
steine* bei Helmstedt. Das größte Steingrab liegt bei Hekese, Kreis Bersenbrück,
86 m lang. Älteste Funde germanischer Töpferkunst mit mannigfaltigen, schönen Formen.
b) Grabhügel mit Steinaufbau und Hockergräber mit hockender Stellung der
Leiche. Zunehmen der Leichenverbrennung, Verfall der Töpferei.
c) Hügelgräber mit kleinen Steinkisten, welche die Asche des verbrannten
Leichnams enthalten.
d) Urnenfriedhöfe bis in den Beginn der christlichen Zeit, also bis ins
8. Iahrh. n. Chr. An Hand der Funde von Töpferwaren in England läßt sich sicher
die Verbreitung der „Angelsachsen" aus unserer Heimat nachweisen.
Die Wallburgen sind in unserem Gebiete zu mehreren Dutzenden vorhanden
und teilweise in ansehnlichen Überresten erhalten, so die Pippinsburg und das Bülzen-
bett bei Lehe, auf dem Deister die Heister-, die Wirkes- und die Vennigser Burg, auf
dem Elm die Reitlingsburgen. Sie entstammen sehr verschiedenen Zeitaltern, viele
werden als sächsisch, davon im Lüneburgischen eine große Zahl als Grenzplätze gegen
die Wenden, einige als fränkisch, kaum eine als römisch angesprochen. Römisch sind
wohl einige der Knüppeldämme — ponte8 longi —, die unsere Moore durchziehen,
aber sie kommen zahlreich auch in Gebieten vor, die nie ein römisches Heer betreten hat.
2. Zur Zeit des Kaisers Augustus war unser Land ganz von germanischen
Stämmen bewohnt. Die wichtigsten waren: die Cherusker, von der Weser bis
zum Harz und darüber hinaus; nördlich von ihnen die Angrivarier? die Lango-
barden im Lüneburgischen (Bardowiek?)! an der Nordseeküste die Chauken und
westlich von ihnen die Friesen, südlich von diesen die Ampsivarier im Emsgebiete.
Den Cheruskern und ihrem Fürsten Hermann war es beschieden, Deutschland
von den Römern zu befreien. — 9 n. Chr. Schlacht im Teutoburger Walde, 16 bei
Idistaviso und am „Grenzwalle der Angrivarier".
1 (Es ist klar, daß auf dem Forum Romanum nach der „Gründung der Stadt"
keine Gräber mehr angelegt werden konnten. Die Vergleichung der Gräberfunde
ergibt in der Tat, daß die letzten aus der ersten Hälfte des 8. Iahrh. stammen und
daß hier die vorgeschichtliche mit der geschichtlichen Zeitrechnung zusammentrifft. Das
ist die Probe auf das Exempel.
2 S. Bilderanhang S. 68.
» Der größte der noch vorhandenen fünf Dolmen wird bedeckt durch einen einzigen
Block von 4,82 X 4,38 m, 0,72 m dick, 1646 Zentner schwer.
4 Das größte der beiden Gräber ist 17,8 rn, die Grabkammer selbst 9,5 m, ein
Deckstein fast 3 m lang und wiegt fast 7669 kg. — Andree, Braunschweiger Volks-
kunde. Braunschweig 1961. S. 8 ff.
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TM Hauptwörter (200): [T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T115: [Tempel Stadt Rom Zeit Athen Pyramide Bau Ruine Denkmal Säule], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche]]
Extrahierte Personennamen: Kreis_Bersenbrück Iahrh Augustus Hermann Idistaviso Iahrh Andree
Extrahierte Ortsnamen: Fallingbostel Helmstedt England Heister- Deutschland
Ortschaftskunde. — Braunschweig.
25
Vi. Ortschaftskunde*).
A. Vraunschweig.
Die Bevölkerung des Herzogtums verteilt sich auf dessen 6 Kreise fol-
gendermaßen:
Einwohner qkm auf 1 qkm
Holzminden .... 48739 .... 574 .... 87
Gandersheim.... 46 235 .... 548 .... 84
Wolsenbüttel. . . . 79 901 .... 734 .... 104
Braunschweig . . . 156 700 .... 543 .... 288
Helmstedt..........70 672 .... 798 .... 89
Blankenburg.... 31 966 . . . 475 .... 67
Herzogtum: 434 213 3672 118
1) Kreis Holzminden; der westlichste Teil der mittleren Hauptmasse
des Herzogtums" von der Weser über den Solling, den Hils, den Ith und
die Lauensteiner Berge bis fast an die Leine, schließt mit dem A.g.b. Otten-
stein, l. der Weser, das hannoversche Bodenwerder ein.
Holzminden, an der Holzminde und Weser, die Hafenstadt für den Solling, als
Holtesmynne seit dem 9. Jahrhundert bekannt. Sehr besuchte Baugewerk-Schule, 9071 E.
— Nach dem Flecken Bevern, an der Bever, wurde die Linie der Herzöge von Braun-
schweig-Bevern benannt. Diese besaß hier ein Schloß, das jetzt als Wilhelmsstift eine
Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder birgt.
Am Kelleberge, n. vom Solling, Stadtoldendorf, d. i. Altendorf; besitzt be-
deutende Gips-, Marmor- und Sandstein-Brüche. N. in der Nähe die Trümmer der
Homburg, auf steilem Bergkegel, nacheinander Sitz mehrerer längst erloschener Geschlechter.
— Vom Cisterzienserkloster Amelunxborn, das aus dem 12. Jahrh. stammt und in
der Kultivierung des Landes wie in der Bekehrung der Wenden Rühmliches geleistet hat
(„Vertilger der Götzenbilder in Slavia"), ist nur das gleichnamige Klostergut, eine
Domäne, übrig geblieben. — Im O. Vorwohle, D. mit großer Portland-Zement^)-
Fabrik.
Eschershausen, sehr alter Ort an der Lenne, ist ein Kreuzungspunkt ehemals
bedeutender Landstraßen. — Grünenplan, herrlich im Walde des Hils gelegen, ist ein
Lustkurort und betreibt Spiegelglas-Erzeugung, sowie die Zucht von Kanarienvögeln.
2) Der Kreis Gandersheim reicht vom Hils bis an den Harz und im
N.o. über die Innerste hinaus und ist wie der vorige Kreis Bergland.
L. an der Leine: Greene, mit Burgtrümmern, und der gewerbsleißige Fl. Delligsen.
R. von der Leine Kreiensen, Kreuzungspunkt der Bahnen Hannover-Casfel und
Magdebnrg-Holzminden-Köln. — Gandersheim, St. im tiefen Thale der Gande, ehe-
mals Abtei mit dem berühmten Nonnenkloster, das 881 vom Herzog Otto dem Erlauchten
aus dem noch älteren Brunshausen hierher verlegt wurde und in dem Roswitha ihre
lateinischen Epen und Schauspiele dichtete. Die schöne romanische Stiftskirche stammt
aus dem 12. Jahrh.
Am Rande des Harzes: Seesen, gewerbthätige Stadt; Gittelde, Fl., 1626 von
Tilly zerstört. Hier mündet der '26 km lange Ernst-August-Stollen, der die Hannover-
schen Gruben im n.w. Oberharze entwässert und zugleich schiffbar ist, eins d?r groß-
artigsten Werke dieser Art, länger als der Gotthard-Tunnel.
N. vom Harze der Fl. Lutter am Barenberge, mit berühmten Steinbrüchen.
Vieg Tillys über Christian Iv. von Dänemark, 1626.
Ergänzungen, namentlich Einwohner-Zahlen s. in den Tabellen S. 44 ff.
2) Gebrannt aus Kalkerde mit Zusätzen von Kieselerde.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
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Extrahierte Personennamen: Greene Otto Roswitha Tilly Christian_Iv
26
Landeskunde von Braunschweig und Hannover.
Die Hütteu von Langelsheim, Fi. an der Innerste und Oker <s. unter 3), sowie
die Werke des Rammelsberges bilden jetzt das sog. „Kommunion-Gebiet", d. h.
den gemeinschaftlichen Besitz von Preußen (Hannover) und Braunschweig. Der frühere,
beim Erbvergleiche von 1635 geschaffene „Kommuuion-Harz" wurde 1874 geteilt.
3) Der Kreis Wolfenbüttel besteht aus 2 Stücken. Das größere
bildet den s. Teil der n. Hauptmasse des Herzogtums, darin die Asse und ein
Teil des Elms; das kleinere ist der A.g.b. Harzburg im Oberharz.
In der Mitte des größeren Stückes, an der Oker in freundlicher Lage, Wolfen-
büttcl, seit dem 11. Jahrhundert dswulfersbutle1) bekannt, später lateinisch Guelferbytum
genannt, vom 14. Jahrhundert bis 1753 Herrschersitz der Wolsenbüttler Linie der Welsen.
Die Stadt trägt das Gepräge einer ehemaligen Residenz. Schloß, sehenswerte Kirchen,
die berühmte Bibliothek, vom Herzog August dem Jüngeren 1645 hierher verlegt, seit
1887 in einem stattlichen Neubau untergebracht. Lessing 1770 — 81. 15505 E. —
Salzdahlum, D., mehrmals Sitz des Landtags; hier stand bis 1811 ein herzogl. Lust-
schloß, das durch seiue Anlagen und Sammlungen berühmt war. Börßum, nahe der
Jlsemündung, Eisenbahnknotenpunkt. — Im O. das gewerbfleißige Schöppenstedt-)
an der Altenau; im S.o. Hesseu, mit altem herzoglichem Schlosse.
In dem zur Hülste mit Wald bedeckten A.g.b. Harz bürg der gleichu. Ort, viel-
besuchtes Solbad, dessen stattliche Bauten mit anmutigen Anlagen sich bis an den Fuß des
„Burgberges" an der Radau hinaufziehen. Auf dem 484 in hohen, steil ansteigenden
Burgberge seit 1068 die Harzburg, 1654 abgetragen. Canossasäule. — Oker, sehr be-
deutender Hüttenort mit chemischen, Holzstoff- und Farbfabriken, am gleichn. Flusse.
4) Kreis Braunschweig, der n.w. Teil des n. Hauptlandes, dazu, weit
entfernt, in der fruchtbaren Marsch am l. Weserufer zwischen Verden und
Bremen der A.g.b. Thedinghausen, mit trefflicher Pferdezucht.
Im W. des größeren Stückes Vechelde, Wohnort und Grabstätte des Herzogs
Ferdinand, des Helden im Siebenjährigen Kriege, im O. der alte Klosterort Riddags-
hausen. In der Mitte, an der Oker, Brauuschweig, vor Hannover der Hauptort
Niedersachsens, als Brunoswyk gelehnt an die alte Burg Dankwarderode, die jetzt wieder-
hergestellt ist, als Stadt begründet von Heinrich dem Löwen, der in Dankwarderode ge-
wohnt hat und mit seiner Gattin im Dome ruht; bald durch die Gunst der Lage an den
großen Straßen eine blühende Handelsstadt, seit 1247 Mitglied der Hansa, mit deren
Verfall auch die Stadt sank. 1671 von den wölfischen Herzögen unterworfen, 1753 ihr
Herrschersitz. Erst in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts begann ein großartiger
Aufschwung, gestützt auf ein dichtes Eisenbahnnetz und die wachsende Blüte des Landes,
und die Bevölkerung stieg von 42090 auf 85174 E. i. I. 1885, auf 115138 i. I. 1895.
Mittelalterliches Gepräge der Altstadt mit ihren herrlichen Kirchen, Rathaus, Brunnen,
dem steinernen Löwen und Holzbauten (s. Bilder S. 55); rings umher neue Stadtteile.
Wurst und Mumme; 2 Messen, Handel mit Getreide, Spargeln und Rübenzucker. — Im
N.w. Olper; Gesecht des Schwarzen Herzogs am I.august 1899.
5) Kreis Helmstedt, der Ostteil des n. Hauptlandes. Sein Vordringen
nach N. bis in die Lüneburger Heide schafft den auf der Karte in die Augen
fallenden Landzipfel. Dazu abgesondert in der Provinz Sachsen jenseits des
Drömlings, der A.g.b. Calv^örde, an der Ohre.
Im W. die Stadt Königslutter, vom Kaiser Lothar mit dem Königsnamen
beehrt. Derselbe stiftete die herrliche romanische Klosterkirche, in der er mit seiner Gattin
1) Vielleicht ist der erste Teil des Namens auf „Wels" zurückzuführen; „Büttel" =
Gut, Erbgut.
2) Der Name wird aus Sciphingstede, Scephinstede — Schiffsstelle, oder auf Sca-
binatus, Scabinstede — Schöppenstuhl zurückgeführt.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T3: [Stadt Schloß Straße Berlin Kirche Haus Gebäude Platz Garten Universität]]
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Extrahierte Personennamen: August Ferdinand Heinrich_dem_Löwen Heinrich Lothar
Ortschaftskunde, — R.-B. Hildesheim.
29
recht eigentlich die Hauptstadt des Oberharzes, ist der Sitz des Ober-Bergamts und anderer
Bergbehördeu. hier blühen die Bergakademie, die Bergschule und andere Bildungs-
anstalten für Forst- und Grubenbetrieb. Die Bewohner der Bergstädte haben viele Ein-
nahmen durch die Fremden, die hier Sommerfrischen oder Heilstätten suchen, namentlich
St. Andreasberg, dessen oberes Ende mit 650 in die höchste Ortslage im Harze er-
reicht. Den Andreasbergern bringt die Zucht der Kanarienvögel jährlich über 100000.//
Reingewinn, gegen 35000 Stück werden jährlich verkauft, und die „Harzer Roller"
wandern weithin übers Meer.
Am Harzrande: Lauterberg, an der Oder, vielbesuchter Heilort mit Kaltwasser-
Heilanstalt. In der Nähe der schöne Wiesenbecker Teich und die Trümmer des im
7jährigen Kriege von den Franzosen zerstörten Schlosses Scharzsels. ■— Herzberg, St.
vor dem malerischen Sieberthale, hat ein schöngelegenes Schloß. — In Osterode
befindet sich das Kornmagazin, aus dem die Bergleute des Oberharzes zu möglichst bil-
ligen Preisen Korn empfangen. Die Stadt, die im 15. Jahrh. der Hansa angehörte,
blüht jetzt durch Gewerbfleiß in Wollen- und Leinenwaren und durch ergiebige Gips-
brüche und ist sehr anmutig gelegen (Heines „Moosrose im Grün"). 6921 E.
6. Grafschaft Honstein und Amt Elbingerode, erstere ganz, letz-
teres nahezu von fremdem Gebiete eingeschlossen.
Die Grafschaft H. führt ihren Namen von der Burg Houstein, dem Sitze eines
mächtigen, jetzt längst erloschenen Grafengeschlechts. Die Burg wurde im 30jährigen
Kriege zerstört, aber bedeutende Überreste sind vorhanden. — Ilfeld ist bekannt durch
seine Klosterschule (Gymnasialklassen von Tertia bis Prima), die sich seit 1546 aus
einem Prämonstratenser-Kloster entwickelt hat. — Elbingerode, an der Scheide vom
Ober- und Unterharz, 460 in hoch, im 11. Jahrh. von Transalbingiern aus Holstein
gegründet, liegt im Gebiete des Brauneisensteins, der in Rothehütte in großartigen Werken
verhüttet wird.
e. Fürstentum (Bistum) Hildes heim, n.w. vom Harz. Das Bistum
wurde 1803 säkularisiert (d. h. in weltliches Gebiet verwandelt), 1815 mit
Hannover vereinigt.
An der Leine: Alfeld, St. in prächtiger Lage an den Sieben Bergen. Das
Rathaus in der Renaissance-Bauweise') ist im 16. Jahrh. vollendet. Große Papierfabrik,
die weitbekannte Reichesche Tierhandlung. — Elze wurde 796 von Karl d. Gr. zum
Sitz eines Bistums ausersehen, bald jedoch trat Hildesheim an seine Stelle. — Nord-
stemmen, Eisenbahnknotenpunkt. Jenseits der Leine auf dem Schulenburger Berge das
unter Georg V. erbaute gotische Schloß Marienburg.
Gebiet der Innerste und Harzrand. Hildesheim, von Ludwig dem Frommen
im Anfange des 9. Jahrh. zum Sitz eines Bischofs erhoben, ist noch jetzt Hauptort des
gleichn. Sprengels; von den 38977 E. sind jedoch fast ^lutherisch. Durch kunstsinnige
Bischöfe, namentlich den heiligen Bernward (993—1022), wurde H. mit einer Fülle der
schönsten romanischen2) Kirchen ausgestattet, dazu gehören die Godehardt- und die
Michaeliskirche und der Dom mit der Christus- und der (unechten) Jrmensänle und dem
300jährigen Rosenstocke. Von der Blüte des Bürgertums im 15. und 16. Jahrh. zeugen
das Rathaus und zahlreiche wohlerhaltene Privathäuser, die in der Renaissance-Bauweise
ans Holz erbaut sind, darunter ist das (frühere) Knochenhauer-Amthaus das fehens-
werteste. So heißt Hildesheim mit Recht „das Nürnberg des Nordens". Die auf-
blühenden Gewerbe verwerten namentlich die landwirtschaftlichen Erzeugnisse der wohl-
habenden Umgegend. — In Bezug auf öffentliche und Privatbauten ist der Bischofsstadt
1) Diese lehnt sich an die Bauweise des klassische» Altertums an. Sie blühte
namentlich im. 16. Jahrh. nach der gotischen zur Zeit der „Wiedergeburt" (Renaissance)
durch Künste und Wissenschaften. S. auch Bild S. 57.
2) Rundbogen-Banweife, die vor der gotischen in W.-Europa herrschte (f. S. 54).
TM Hauptwörter (50): [T8: [Stadt Rhein Schloß Kreis Mainz Einw. Dorf Main Frankfurt Einwohner], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T9: [Tempel Stadt Kirche Säule Zeit Gebäude Bau Mauer Haus Dom]]
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Extrahierte Personennamen: Andreasberg Karl_d Karl Georg_V. Ludwig_dem_Frommen Ludwig Bernward_(
20
Landeskunde von Braunschweig und Hannover.
b. Grabhügel mit Steinaufbau. Zunehmen der Leichenverbrennung, Verfall der
Töpferei.
c. Hügelgräber mit kleinen Steinkisten, welche die Asche des verbrannten Leich-
nams enthalten.
ä. Urnenfriedhöfe bis in den Beginn der christlichen Zeit, also bis ins 8. Jahrh.
nach Chr.
2) Zur Zeit des Kaisers Augustus war unser Land ganz von germanische»
Stämmen bewohnt. Die wichtigsten waren: die Cherusker, von der Weser bis zum
Harz und darüber hinaus; n. von ihnen die Angrivarier; die Langobarden im
Lüneburgischen lbardowiek?); an der Nordseeküste die Chauken.
Den Cheruskern und ihrem Fürsten Hermann war es beschieden, Deutschland
von den Römern zu befreien. — 9 u. Chr. Schlacht im Teutoburger Walde und
16 bei Jdistaviso und am „Grenzwalle der Angrivarier".
3) Während der Völkerwanderung haben sich die Völkerschaften in nnse-
rem Lande zum Stamme der Sachsen gesammelt, der fast das ganze n.w. Viertel
des heutigen Deutschen Reiches besaß. Er gliederte sich in 3 Teile:
a. Westfalen, von der Lahn bis fast zur Mündung der Hunte.
b. Ostfalen, zwischen Leine, Unstrut und Elbe bis etwa nach Harburg.
c. Engern, zwischen beiden bis an die Nordsee.
Die Friesen an der Nordsee teilten meistens die Schicksale Sachsens;
im n.ö. Dreieck des R.b. Lüneburg sind Wenden (Slawen) znr Herrschaft
gekommen.
782—804. Sachsenkriege Karls des Großen.
785. Angebliche Hinrichtung von 4500 Sachseu bei Verden [feljrben] an der Aller.
Die Kämpfe zwischen Wittekind (Widnkind) und Karl d. Gr. und die Vernich-
tung des Heidentums haben im Volke den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen. Sagen
knüpfen an vielen Stätten an diese Ereignisse an; dazu gehören die Karlssteine bei Osna-
brück, die Klosterkirche von Enger in Westfalen, Burg Wittekinds Babilönie im West-
Süntel, Wittekindsberg mit der Witt.-Kapelle und der Witt.-Quelle an der Westfälischen
Pforte u. a. m.
Während noch in den Sachsenkriegen der Stamm kaum irgendwo ganz
geeint auftritt, vollzieht sich diese Einigung in der folgenden karolingischen Zeit,
und bereits um die Mitte des 9. Jahrhunderts finden wir
4) das Stammesherzogtnm Sachsen. Es erstreckte sich zur Zeit seiner
größten Bedeutung im 12. Jahrh. so ziemlich über das heutige Westfalen,
Hannover und Braunschweig mit eingeschlossenen Gebieten, Holstein und einen
Teil von Mecklenburg.
a. Die Ludolfinger, als Herzöge 852—1)61; als deutsche Könige
919—1024, als römische Kaiser 962—1024. Das Geschlecht rühmte sich
der Verwandtschaft mit dem Geschlechte Wittekinds und durch Heirat auch mit
den Karolingern.
Ludolf, 852—874. Sein Sohn
Bruno, 874—880, fiel in diesem Jahre in einer großen Schlacht gegen die Nor-
mannen bei Eppendorf, in der Gegend von Dannenberg. Sein Bruder
Otto der Erlauchte, 880—912, brachte sein Herzogtum auch im Kampfe gegen
die letzten Karolinger zu solchem Ansehen, daß ihm die deutsche Krone angeboten wurde.
Er lehnte sie ab. aber sie fiel 919 seinem Sohne
Heinrich I. dem Städtegründer, 912—936, zu, der die dem Stadtleben ab-
holden Sachsen dennoch zum Schutze gegen die Ungarn in die Burgen führte, ein Reiter-
Heer fchnf, mit diesem den weit vorgedrungenen Slawen Achtung einflößte und 933 durch
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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TM Hauptwörter (200): [T10: [Sachsen Karl Franken König Land Jahr Chlodwig Reich Krieg Volk], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
Extrahierte Personennamen: Augustus Hermann Karls Karl_d Karl Ludolf Bruno Otto Heinrich_I.
12
Ii. Landschaftskunde.
Lothar (f 1125) mit dem Königsnamen beehrt. Derselbe stiftete die herrliche romanische
Klosterkirche, in der er mit seiner Gattin ruht. Steinbrüche. - Östlich davon Süpplingen-
bürg, Stammsitz des gleichnamigen Geschlechts und damit Kaiser Lothars. - Zu den
Dörfern am Elm gehören das große Söllingen und Evessen, mit der „benagelten
Linde", einem uralten Baume auf einem 7 m hohen vorgeschichtlichen Grabhügel. In
den Baum haben durchwandernde Handwerksburschen eine Menge Nägel eingeschlagen.
4. Im siebenten Zuge der Dorn, im achten die Helmstedter Höhen,
links längs der obersten Aller, mit der Hochfläche des Lappwaldes. Zwischen
dem Ostrande des (Elms und dem Westrande der Helmstedter Höhen erstreckt
sich das große Helmstedter Braunkohlenlager, etwa 25 km lang und 6 km
breit, mit zahlreichen Schachten und mehreren Tagebauen. Die vielen Zucker-
siedereien im Brauuschweigischen und Magdeburgischen werden durch diese Kohlen
versorgt, und außerdem hat sich eine großartige Brikettfabrikation entwickelt.
An der Magdeburger Bahn Helmstedt (16), sehr alter Ort, entstanden um die
Klöster Marienberg und St. Ludgeri; dieses gegründet 798. Im Gebäude der hoch-
angesehenen Julius-Universität (1576-1811) jetzt ein Gymnasium. — Das Vordringen
des Kreises Helmstedt über die Aller hinaus bis in den Drömling (s. S. 22 und 31)
schafft den auf der Karte in die Augen fallenden Zipfel von Vsfjorsfelde. — Östlich
vom Drömling abgesondert in der Altmark der dünnbevölkerte Ag.-Bez. (Ealv[f]ördc,
an der Ohre.
Eine Stadt des Flachlandes ist auch das alte Braunschweig, au der Oker, vor
Hannover der Hauptort Niedersachsens, als Brunoswyk gelehnt an die alte Burg
Dankwarderode^, die jetzt wiederhergestellt ist, als Stadt gegründet von Heinrich dem
Löwen, der in Dankwarderode gewohnt hat und mit seiner Gattin im Dome ruht?
bald durch die Gunst der Lage an der Kreuzung großer Straßen eine blühende Handels-
stadt, seit 1247 Mitglied der Hanse, mit deren Verfall auch die Stadt sank. 1671 von
den welfischen Herzögen unterworfen, 1753 ihr Herrschersitz. Erst in den fünfziger
Iahren des 19. Iahrh. begann ein großartiger Aufschwung, gestützt auf ein dichtes
Eisenbahnnetz wie auf die wachsende Blüte des Landes, und die Bevölkerung stieg
von 42969 auf 85174 Einw. im Jahre 1885, auf 115138 im Jahre 1895, 136162 im
Jahre 1995 und 143552 im Jahre 1919, so daß das letzte Jahrfünft eine Zunahme
von 15,3 % gebracht hat. Mittelalterliches Gepräge der Altstadt mit ihren herrlichen
Kirchen, Rathaus, Brunnen, dem bronzenen Löwen und Holzbauten (s. Bilder 3. 73f.)'
rings umher neue Stadtteile. Seit alters bekannt Wurst und Mumme, aber durch
das Großgewerbe werden wichtigere Waren hergestellt' zwei Messen, Handel mit Getreide,
Spargel und Rübenzucker. — Im Nw Olper; Gefecht des Schwarzen Herzogs (s. S. 41)
am 1. August 1899; weiter nach W hin Vechelde, Wohnort und Grabstätte des großen
Führers im Siebenjährigen Kriege, des Herzogs Ferdinand.
Zum kreise Braunschweig gehört sodann, weit entfernt in der frucht-
baren Marsch am linken Weserufer zwischen Verden und Bremen, der Ag.-Bez.
Thedinghausen, mit trefflicher Pferde- und Rindviehzucht.
1 Siehe Bilderanhang S. 74.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
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TM Hauptwörter (200): [T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T94: [Stadt Fabrik Handel Dorf Schloß Weberei Einwohner Einw. Nähe Bergbau], T72: [Kloster Kirche Jahr Bischof Kaiser Karl Otto Dom Grab Leiche], T38: [Weser Elbe Hannover Land Stadt Lüneburg Leine Nordsee Aller Bremen], T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Lothar_( Elms Heinrich_dem
Löwen Heinrich August Ferdinand
3. Das Ostfälische ober Leine-Bergland.
15
Kreiensen, braunschweigisch, Kreuzungspunkt der Bahnen Hannover-Cassel und
Magdeburg - Holzminden-Cöln. — Gandersheim (3), braunschweigische Stadt im
tiefen Tale der Bande, durch das die Bahn von Kreiensen nach Seesen führt- ehemals
Abtei mit dem berühmten Nonnenkloster, das 881 vom Herzog Otto dem Erlauchten
aus dem noch älteren Brunshausen hierher verlegt wurde und in dem Roswitha ihre
lateinischen Epen und Schauspiele dichtete. Die schöne romanische Stiftskirche stammt
aus dem 12. Iahrh.
c) Nördlich von der Straße, die von Groß- und Klein-Freden nach Lam-
springe (Ursprung der Lamme) führt, der Sackwald mit den Trümmern der
Winzenburg, d. i. vielleicht Winfriedsburg, und als Fortsetzung derselben Kette
nördlich von Alfeld die nach N umbiegenden Sieben Berge.
In Freden und Lamspringe blüht die Glasfabrikation und -schleiferei (Spiegel-
glas). In Lamspringe ein ehemaliges großes Benediktinerinnen-Kloster. Die Gruppe
der Sieben Berge bildet ein Kreidehochland, dessen durch Ausnagung ausgezackte
Ränder sieben Einzelberge gegen das Leinetal vorschieben. Diese „Sieben Brüder"
stellen, in eine Reihe geordnet und oben abgeplattet, das wirkungsvollste Bergstück des
Leinelandes dar. Der höchste ist mit 394 m der Tafelberg. Vor ihnen in anmutiger
Lage Alfeld (6). Das Rathaus in der Renaissance-Bauweise ^ wurde im 16. Iahrh.
vollendet. Große Papierfabrik, die weitbekannte Reichesche Tierhandlung.
d) Nordöstlich davon mehrere nordöstlich streichende Bergzüge, die unter
dem Namen Hildesheimer Berge zusammengefaßt werden.
Dieses bunt gewürfelte Bergland wird entwässert durch die Innerste, die an
seinem nordwestlichen Ende bei Sarstedt in die Leine mündet. Seine verschlungenen
Ketten umschließen manchen Talgau, dessen Lehmboden sich höchster Fruchtbarkeit
rühmen kann. In einem dieser Talkessel beim braunschweigischen Flecken Lutter
am Barenberge, wurde 1626 das Heer Christians Iv. von Dänemark von Tilly
ereilt und, durch die Engpässe gehemmt, fast vernichtet. — Die Leine verläßt das Berg-
land beim Bahnknotenpunkte Nordstemmen in einer Landschaft, die geziert wird
durch das unter Georg V. auf dem Schulenburger Berge links des Flusses erbaute
gotische Schloß Marienburg. Etwas oberhalb links des Flusses Elze; 796 von Karl d. Gr
zum Sitze eines Bistums ausersehen, mußte es bald vor Hildesheim zurücktreten.
Dort zweigt die Bahn durch die Coppenbrügge? Senke nach Hameln ab.
Im No wird das Hildesheimer Bergland wallartig gegen das Tiefland
abgeschlossen durch eine lange Kette, die aus der Nähe von Goslar über die Senke
von Salzgitter und südlich an Hildesheim vorüber bis fast nach Sarstedt läuft.
Hildesheim (50), von Ludwig dem Frommen im Anfange des 9. Iahrh. zum
Sitz eines Bischofs erhoben, ist noch jetzt Hauptort des gleichnamigen Sprengeis; die
Bewohner der Stadt sind jedoch überwiegend evangelisch. Durch kunstsinnige Bischöfe,
namentlich den heiligen Bernward (993—1622), wurde Hildesheim mit einer Fülle
der schönsten romanischen Kirchen ausgestattet, dazu gehören die Godehardi- und die
Michaeliskirche und der Dom mit der Christus- und der (unechten) Irmensäule und
dem „1666jährigen" Rosenstocke. Bon der Blüte des Bürgertums im 15. und 16. Iahrh.
zeugen das Rathaus 2 und zahlreiche wohlerhaltene Privathäuser, die in der Renaissance-
Bauweise aus Holz erbaut sind, darunter ist das (frühere) Knochenhauer-Amthaus
1 Diese lehnt sich an die Bauweise des klassischen Altertums an. Sie blühte
namentlich im 16. Iahrh. nach der gotischen zur Zeit der „Wiedergeburt" (Renaissance)
durch Künste und Wissenschaften. Bor den Spitzbogen des gotischen Stils (s. S. 73)
herrschte der Rundbogen des romanischen (s. S. 72 und 74).
2 Siehe Bilderanhang S. 75.
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Extrahierte Personennamen: Otto Roswitha Christians Dänemark_von_Tilly Georg_V. Karl_d Karl Ludwig_dem_Frommen Ludwig Iahrh Bernward_(
24 Die wiederhergestellte Burg Dankwarderode in Braunschweig mit dem Verbindungsgange
nach dem Dome. Rechts der bronzene Löwe, 1166 errichtet.
25. Romanischer Dom zu Braunschweig, gegründet 1173. In der Mitte die Grabstätte des Gründers,
Heinrichs des Löwen, und seiner Gemahlin Mathilde. (Phot. Kgl. Preutz. Meßbildanstalt, Berlin.)
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